Hier möchte ich ein Buch vorschlagen, welches in seiner Ausführlichkeit, Anschaulichkeit, fachlich fundiert und einfach nur lesenswert ist:
Balcombe J, 2018.
Was Fische wissen. mareverlag, Hamburg. ISBN 978-3-86648-283-8
In „Was Fische wissen“ untersucht J. Balcombe die Intelligenz, Wahrnehmung und das Bewusstsein von Fischen. Das Buch widerlegt die häufige Annahme, Fische seien einfache und gefühllose Lebewesen, und zeigt, dass sie komplexe Verhaltensweisen, soziale Strukturen und Lernfähigkeiten besitzen. Balcombe argumentiert, dass Fische ein Bewusstsein haben und ihre Gefühle ernst genommen werden sollten, was auch ethische Implikationen für den Umgang mit ihnen hat. Das Buch trägt dazu bei, das Verständnis für Fische zu vertiefen und ihre Bedürfnisse mehr zu respektieren.
Weitere Infos zum Buch:
(kommentiert von B.H.Studer in : Fischwohl in der Aquakultur – Probleme und Lösungsansätze, Internationale Gesellschaft für Nutztierhaltung (IGN), Seite 83)
Der nordamerikanische Ethologe Jonathan Balcombe ist einem breiteren deutsch- sprachigen Publikum seit seinem Besteller „Tierisch vergnügt“ gut bekannt(2). Sein 2018 in deutscher Übersetzung erschienenes Buch „Was Fische wissen“ steht dem in nichts nach. Auf 336 Seiten führt der Autor quer durch alle möglichen Fischarten und zeigt eine unglaubliche Vielfalt an Fähigkeiten des Sehens, Hörens, Riechens, Fühlens, bis hin zu erstaunlichen kognitiven Leistungen unserer „Unterwasser-Verwandten“.
In „Tierisch vergnügt“ hatte Balcombe als anerkannter Wissenschafter den Mut bewiesen, viele anekdotische Beobachtungen an Tieren zu versammeln, die gemeinhin als „nicht wissenschaftlich“ verpönt sind. Auch in „Was Fische wissen“ gibt er zahlreichen Anekdoten über Beobachtungen an Fischen wieder, die ihm zugetragen worden sind. Er trennt im Buch aber klar zwischen „wissenschaftlichen Erkenntnissen“, das heißt von andern Wissenschaftlern reproduzierbaren Resultaten, zum Beispiel aus Experimenten, und „vorwissenschaftlichen“, weil nicht wiederholten Beobachtungen. Es gehört zu den Stärken des Buchs, dass diese Trennung zweier Wahrnehmungsebenen nicht wertend gezogen wird, sondern lediglich klärend. Zu recht; denn würde Wissenschaft von zufälligen Beobachtungen abgeschirmt, käme sie wohl kaum auf die Idee, diese oder jene Hypothese zu prüfen. Das dürfte erst recht zutreffen auf eine so junge und weit verzweigte Wissenschaft wie die vom Verhalten der Fische, also von weit über 30.000 Arten.
Balcombe nimmt uns zuerst mit auf seine eigene kleine Biografie im Umgang mit Fischen, vom Schüler, der zum Fischen mitgenommen worden war und mitmachte, über seine Studien in Biologie und Ethologie bis zum Keimen der Ahnung dafür, dass Fische Wesen sind wie wir. Fünf Jahre lang hat er sich in die Welt der Fische eingearbeitet, um sein neuestes Buch zu schreiben. Er stellt die verschiedenen Sinne bei Fischen dar, auch die Seitenlinie, die wir nur theoretisch verstehen können, da wir über nichts Gleichartiges verfügen, und er zeigt, wie die spezifische Entwicklung eines bestimmten Sinnes bei einer Art mit der ökologischen Nische zusammenhängt, die sich diese Art im Lauf der Evolution zu sichern wusste.
So wird mit fortschreitendem Lesen eine unglaubliche Vielfalt an spezifischen Wahrnehmungswelten deutlich. Manchmal ertappt man sich bei einer Stelle, wie man sich unwillkürlich die Frage stellt: Wie ist das eigentlich bei mir? Wie nehme ich dies oder jenes wahr – und was alles bleibt mir verborgen, da mir der geschärfte Sinn dafür fehlt? Balcombes Buch ist nicht nur eine grossartige Einführung in das Leben der Fische, es ist darüber hinaus eine Einladung, über das Leben an sich und dessen viele Formen staunend nachzusinnen. Diesem Buch sind viele Leser/innen zu wünschen, die es erst nach der letzten Seite aus der Hand legen und die danach die Welt mit etwas mehr Ehrfurcht und Liebe wahrnehmen.
Billo Heinzpeter Studer
2 Jonathan Balcombe, Tierisch vergnügt, Kosmos Verlag, 2007, ISBN 978-3-440-11006-5